EU-Chemikalienpolitik: Schlechterer Schutz für Feuerwehrleute?


Textile Schutzkleidung, wie sie von Feuerwehrleuten, Polizisten oder Waldarbeitern getragen wird, können in Zukunft weniger schützen als zurzeit. Das zumindest befürchtet der Verband der Nordwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie (Münster). Grund ist die Chemikalienpolitik der Europäischen Union. „Die EU-Kommission will die Verwendung von Fluorcarbon oder PFAS in der Textilproduktion einschränken“, sagte der Leiter der Umweltabteilung des Verbandes, Dr.Markus Strauß. Diese Chemikalien würden aber benötigt, um Textilien auch unter hohen Belastungen flüssigkeitsabweisend zu machen. Das sei die Voraussetzung dafür, dass sie ihre Schutzwirkung behalten könnten. „Eine ohnehin schon schwere Feuerwehrjacke, die sich im Einsatz voll Löschwasser saugt, macht schnell bewegungsunfähig“, sagte Strauß. Auch Schutzwesten für Polizisten, die vor Schüssen oder Stichen schützen, sind nicht mehr so wirksam, wenn sie nass sind. Ähnliches gilt für die Schutzhosen, die Waldarbeiter bei Sägearbeiten schützen.

Ein aktueller Vorschlag der EU-Kommission, der darauf abzielt, die Verwendung für den beruflichen Bereich zuzulassen und für die Öffentlichkeit zu verbieten, wirft nach Ansicht des Verbandes Fragen auf. „Will man allen Ernstes freiwillige Feuerwehrleute schlechter schützen als die Mitglieder der Berufsfeuerwehr?“, fragt Strauß.

Hintergrund der EU-Verbotspläne ist die Persistenz der Chemikalien, sie bauen sich nicht ab und heißen deshalb auch „Ewigkeitschemikalien“ und werden regelmäßig in Wasserproben nachgewiesen. „In NRW werden die Gewässer vergleichsweise engmaschig kontrolliert und wird die Herkunft der ermittelten Stoffe nachgehalten, daher wissen wir, dass die Textilindustrie nicht der Verursacher der Einträge ist“, sagte Strauß. In 70 Prozent der Fälle sei nach Auskunft des NRW-Umweltministerium Löschschaum die Ursache, denn auch in ihm seien PFAS enthalten.

Strauß wies darauf hin, dass die seit Jahrzehnten verwendeten Chemikalien in den meisten Anwendungsfällen von den Textilunternehmen längst durch andere, abbaubare Stoffe ersetzt worden sind. „Das gilt beispielsweise für Outdoorjacken oder Sicherheitsgurte, aber wo es um extreme Belastungen für das textile Material geht, gibt es noch keine vergleichbar wirksame Alternative“, sagte Strauß. Immerhin gehe es ja nicht nur um den Schutz vor Wasser, sondern auch um den vor Säure, Öl und Chemikalien.

Für die deutschen Textilunternehmen ist das Thema von großer Bedeutung. „Die deutsche Textilindustrie ist führend bei der Entwicklung und Herstellung hochwertiger und wirksamer Schutzbekleidung“, so Strauß. Wenn die EU-Pläne Wirklichkeit würden, drohe die Verlagerung der Produktion ins Nicht-EU-Ausland. Denn aktuell sehe es so aus als ob lediglich die Verwendung in der Produktion verboten werden solle, PFAS-haltige Textilien aber importiert werden könnten. „Da niemand auf die Schutzwirkung wird verzichten wollen, kommt die Feuerwehrjacke dann aus China, wo man nicht so darauf achtet, dass bei der Produktion nichts in die Umwelt gelangt“, sagte Strauß. Da es sich um Ewigkeitschemikalien handele, habe man dann umweltpolitisch ein äußerst nachhaltig wirksames Eigentor geschossen.

17.10.2023